31. Juli 2014 – Sie sehen aus wie ganz normale Kühe. Sie machen die selben Geräusche und genauso viel Dreck. Doch sie werden gehätschelt und getätschelt, als seien sie einem bizarren Märchen entsprungen, erhalten regelmäßig Streicheleinheiten und werden mit ihrer Lieblingsmusik in den Schlaf gesungen. Denn sie sollen sich einfach pudelwohl in ihrer Haut fühlen, bevor auch sie nach einem erfüllten Luxusleben den Weg zum Schlachter finden – und ihren Besitzer post mortem mit exorbitanten Einnahmen für ihr Fleisch entschädigen.
Im Feinschmecker-Himmel
Die Rede ist von Wagyus. Die japanischen Rinder sind, falls sie zu Lebzeiten entsprechend entspannt großgezogen worden sind, Träger des wertvollsten Fleischs weltweit. Kenner loben die Filets und Steaks als unvergleichlich zart und unnachahmlich lecker. Die Preise fürs Kilogramm liegen bei bis zu 1000 Euro!
Noch bis vor kurzem konnten Genießer das Fleisch hierzulande nur über Umwege bekommen. Original-Wagyu aus der Region Kobe verließ Japan nicht, weder tot noch lebendig. Die Nachfrage in Japan war so groß, dass es schlicht und ergreifend keine freien Ressourcen mehr gab für einen weltweiten Export. Erst vor wenigen Wochen gab die zuständige „Kobe Beef Marketing & Distribution Promotion Association“ nach und erlaubte europaweit vier Unternehmen den Import, darunter der Firma Otto Gourmet in Heinsberg bei Aachen.
Eine neue Industrie entsteht
Die hohe Nachfrage werden sie allerdings kaum befriedigen können. Der seit einigen Jahren wachsende Markt für japanisches Rind made in Germany wird also sicherlich nicht zusammenbrechen. So mancher konventionelle Rinderzüchter ist hierzulande bereits auf Wagyu umgestiegen. Goldgräberstimmung angesichts der hohen Verkaufspreise macht sich breit. Wagyu-Embryonen direkt aus Kobe werden zu vierstelligen Preisen gehandelt, Zuchttiere gar zu fünfstelligen. Und es gibt auch hier schon die ersten Skandale: Wagyu im Sonderangebot, das sich dann aber als nur reichlich überteuertes deutsches Rindfleisch entpuppte.